Allergie anders betrachtet

Dr. med. Andres Bircher
Seltsam, dass der Pollenflug, das Natürlichste der Welt, nicht mehr vertragen wird. 1926 hatte jeder Tausendste Heuschnupfen. Seit 1960 nimmt in den Industrieländern das Phänomen Allergie stetig zu: 1991 litten in der EU und den USA 11 % und 2011 bereits 15 % der Menschen an Allergien.

Nicht anders verhält es sich beim atopischen Ekzem, der Neurodermitis: In   Indonesien leidet jedes fünfzigste, in Deutschland jedes 14. Kind an dieser quälenden, juckenden Krankheit. Nicht anders werden die Nahrungsmittelallergien in allen „zivilisierten“ Ländern immer häufiger. In den USA ist bereits jeder Fünfte davon betroffen und das Asthma bronchiale hält damit Schritt.

Durch intensive medizinische Forschung ist ein faszinierendes Wissen über immunologische Vorgänge bei Allergie entstanden, doch die Ursache blieb im Dunkeln. Immerhin zeigen epidemiologische Studien, dass die Allergien überall dort, wo moderne „Zivilisation“ herrscht, jedes Jahr häufiger werden. Fragen des Lebensstils, der Nahrung, der Umweltbelastung drängen sich auf. Feinstaubpartikel der Abgase, Zigaretten, Heizungen, Industrieschornsteine Kaminfeuer und Laserdrucker kleben an Blütenpollen. Dadurch dringen sie besonders tief in feinste Verästelungen kleinster Bronchien hinein. Dort genügen Nanogramme von Pollenfragmenten zur Sensibilisierung. Dendritische Zellen präsentieren Bruchstücke des Allergens an „naive“ CD 4 + T-Helferzellen und B-Lymphozyten. Durch gegenseitige Anregung und Zytokine werden sie zu aktiven TH 2 Helferzellen, welche die Entzündungsstoffe Histamin, Serotonin und Leukotriene der Mastzellen entladen. Fackeln gleich entfachen diese Substanzen das Feuer der allergischen Entzündung. Gleichzeitig bilden aktivierte B- Lymphzellen IgE- Allergieantikörper gegen das eingedrungene Allergen, so dass bei jedem späteren Kontakt die Entzündung unverzüglich losgeht. Und wie ist es bei der Neurodermitis, bei den Nahrungsmittelallergien, wo Blütenpollen kaum von Bedeutung sind?  Auch darüber gibt die traditionelle medizinische Forschung keine Auskunft.

Heute steht die Naturheilkunde ebenfalls auf solidem wissenschaftlichem Grund. Ganz anders betrachtet sie den Menschen:

Unser Körper ist ein immenses Regulationssystem, dessen Funktionsweise  inzwischen weitgehend aufgeschlüsselt worden ist. Symptome sind Ausdruck der Heilungskraft, der Gegenregulation, der Anstrengung des biologischen Systems, mit dem Ziel, die entstandene Störung zu beheben. Symptomunterdrückung erzeugt Chronizität.

Die Menschen der Industrieländer leben in ständiger Überreizung durch Bildschirme, Stress, Kaffee, Alkohol, Röststoffe und andere Reizmittel, durch Zucker und industriell verkünstelte Nahrung. Hinzu kommt der Wahnsinn der Mobiltelefonie, deren gepulste Hochfrequenzstrahlung wie ein Presslufthammer in die empfindlichen Regulationssysteme des Menschen eindringen. Die Reaktionslage unseres Vegetativums  ist hypersympathicoton. Das heisst, dass wir dauernd auf Kampf, Abwehr, Aktion, rascheste Reaktion und Handlung ausgerichtet sind, während die Seite des Parasympathicus (Vagus, Yin), der Entspannung, Erholung, Verdauung, Ruhe, Schlaf und Geborgenheit kaum gelebt wird. In dem wir die Nacht zum Tag machen, verpassen wir die drei wichtigsten Stunden des Vormitternachtsschlafs und so betrügen wir uns selbst um die tiefen, erholsamen Non-Rem Schlafphasen.  Mit Kaffee betrügen wir die Neurone unseres überlasteten Grosshirns täglich um die verdiente Erholung, indem das Coffein die Rezeptoren für die Botenstoffe der Nervenzellen blockiert, welche diese ausschütten, um sich vor dem Eindringen weiterer Information zu schützen.

Durch Konkurrenzdruck, Mobbing in der Schule und am Arbeitsplatz oder durch andauernde Hektik für den Preis des Neid-motivierten Anhäufens von Reichtum und Prestige, betrügen wir uns selbst und unsere Mitmenschen um die notwendige Geborgenheit, welche erst gegenseitiges Verständnis, Mitgefühl, Vertrauen und Entspannung möglich macht.

Wohl kennt die Naturheilkunde rasch und gut wirksame Mittel zur Linderung allergischer Symptome. Aber deren dauerhafte Heilung ist nur möglich wenn wir zu neuer Wahrheit und zu einem ganz neuen Bewusstsein über die Ursachen unserer Erkrankung finden und zu einer ganz neuen Einstellung und Lebensweise. Ein Weg, der sich lohnt.

Tipp:
Setzen Sie sich abends an einen Tisch. Notieren Sie sich, was für Sie persönlich Geborgenheit und Vertrauen bedeutet und wann Sie dies erlebt haben. Bei Niesanfällen mit wässrigem Schnupfen, der wund macht, lindert: Allium Cepa C 200, wenn die Augen tränen und wund werden: Eupharasia C200. Bei lästigem Jucken in Nase und Gaumen ohne Absonderung: Luffa operculata C200, je nach Bedarf in häufiger Einnahme.

Handbuch 4 | Ordnungsgesetze