Die Colitis Ulcerosa

Dr. med. Andres Bircher
Unsägliches Leid erzeugt diese entzündlich-blutende Darmkrankheit. Seit Jahrzehnten immer häufiger geworden, trifft sie heute jeden 500. Bewohner westlicher Industriestaaten, bei 3-7 Neuerkrankungen unter 100‘000 Menschen und Jahr, Frauen und Männer zu gleichen Teilen.

In Afrika, Asien und Südamerika war bis vor wenigen Jahrzehnten die Colitis ulcerosa eine Seltenheit. Durch die zunehmende Industrialisierung und die Veränderung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, ein immer grösseres Angebot an industriell verkünstelten Nahrungsmitteln und immer häufigere antibiotische Therapien ist die Colitis ulcerosa inzwischen auch in diesen Ländern immer häufiger geworden. Befallen wird ausschliesslich der Dickdarm. Grossflächig entzündet sich dessen Schleimhaut mit blutenden Geschwüren. Über die Ursachen ist man sich nicht einig. Es ist keine Erbkrankheit, auch wenn ein MFKB-Transkriptionsfaktor verdächtigt wird. Eine Beschädigung der Schleimhautbarriere durch die vielen Detergentien, welche durch den hohen Hygienestandard in den Darm gelangen, steht im Verdacht. Allerdings ist nicht nur dieser in den Industriestaaten der so genannten „zivilisierten Welt“ grösser geworden. Die toxische Hintergrundbelastung der Bevölkerung durch Pestizide, Schwermetalle und andere Schadstoffe, die allgemeine Fehlernährung, die industrielle Verarbeitung der Nahrungsmittel, mit ihrer Unzahl an Geschmacks-, Konservierungs- und Zusatzstoffen und der Konsum industrieller Fertigprodukte haben enorm zugenommen. Zudem hatten Colitispatienten besonders in ihrer Kindheit oft Antibiotika erhalten, die das komplexe Ökosystem der Darmflora beschädigt haben. Die Folge ist eine anhaltende intestinale Fehlbesiedlung, eine Überwucherung der Darmschleimhaut mit anaeroben Fäulnisbakterien. Deren Toxine zerstören Zellen der Schleimhaut und erzeugen die blutenden Geschwüre. Dadurch kann das enterale Immunsystem seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, dendritische Zellen und Lymphozyten zu immunkompetenten Zellen heranzubilden. Die Fähigkeit Fremd und Eigen zu unterscheiden geht teilweise verloren. Inkompetente Immunzellen greifen körpereigene Strukturen an und verstärken dadurch die Entzündung massiv.

Die Colitis ulcerosa verläuft zu 90% in Schüben, meist durch Stress und seelische Belastungen ausgelöst. Durch bis zu 12 Mal tägliche unerwartet plötzliche, blutig-schleimige Stuhlentleerungen, die nicht immer kontrolliert werden können, sind die Patienten sehr geplagt und dies führt oft zu sozialer Isolation und enormer Verzweiflung.   Die Entzündungsvorgänge, die Blutarmut, der Verlust an Körpersäften, Elektrolyten und an Körpergewicht schwächen die Patienten so sehr, dass sie oft hospitalisiert werden müssen. Zudem können die Entzündungsschübe lebensgefährlich werden (toxisches Megakolon). Zudem ist auf lange Sicht das Risiko eines Dickdarmkrebses erhöht. Wogegen Curcuma teilweise vorbeugt.

Die medikamentöse Therapie richtet sich ausschliesslich gegen die Autoimmunentzündung. Sie nimmt sich zum Ziel, die Stärke und Häufigkeit der Schübe zu unterdrücken. Leider ist sie für den Patienten und seinen Arzt unbefriedigend. Dosis, Anzahl und Stärke der Medikamente müssen immer wieder erhöht werden, Medikamente mit hohem, teils lebensgefährlichem Potential an Nebenwirkungen. Gar zu oft bleibt schlussendlich nur noch der Vorschlag einer chirurgischen Entfernung des kranken Organs übrig: die subtotale Kolonektomie mit J-pouch, einer Art Sack, der den Darminhalt zurückhalten soll. Leider ist das Resultat dieses Eingriffs meist unbefriedigend, wegen Entzündungen, Stuhlinkontinenz und sexueller Impotenz.

Doch gibt es einen anderen therapeutischen Weg, mit dem die Colitis ulcerosa in aller Regel geheilt werden kann:  eine konsequente Sanierung des Darmmilieus.  Dies ist möglich durch eine ganz sorgsam und individuell auf den Patienten abgestimmte, vorerst flüssige, später pürierte pflanzliche Frischkostdiät, welche die Darmflora nach und nach in Ordnung bringt. Oft bestehen vielfältige Nahrungsunverträglichkeiten. Durch die beschädigte Schleimhautbarriere dringen Nahrungsallergene hindurch (leaky - gut Syndrome). Gegen die eingedrungenen Nahrungsallergene reagiert das Immunsystem mit allergischer Entzündung. Eine sorgsame, immunologische Abklärung ermöglicht, die Diät ganz individuell auf jeden Einzelnen Patienten abzustimmen. Zudem müssen Zitrusfrüchte, gewisse Beeren, Trauben, Rhabarber, Steinobst und alle unpürierten Roh- und Kochgemüse anfangs gemieden werden, da sie den Darm zu sehr anregen würden, während Heidelbeeren, schwarze Johannisbeeren, Äpfel, Bananen und Rohgemüse in Form von Frischsäften, Püree oder Kompott (ausser Spinat und Kohlarten), Reisschleim, Kartoffelschnee den Darm beruhigen. Mandelmilch und Leinöl (Omega-3-Fettsäuren dämpfen die Entzündungsvorgänge) dürfen bei keiner Diätmahlzeit fehlen. Am Anfang ist eine stationäre Therapie von mindestens 3-6 Wochen notwendig. Die immunsuppressiven Medikamente können teils sofort, teils schrittwese reduziert und schlussendlich abgesetzt werden. Dieser therapeutische Weg behandelt die Ursachen der Krankheit und ermöglicht in aller Regel eine vollständige Ausheilung der Colitis ulcerosa. Ein Weg, der sich lohnt.

Tipp:
Antibiotika können notwendig sind. Fragen Sie aber immer Ihren Arzt, ob nicht auch ein anderer therapeutischer Weg möglich ist. Gibt es keinen, so lohnt es sich, danach den Schaden an der Darmflora wieder zu beheben, durch Frischsäfte, Früchte, Nüsse und – so sie‘s vertragen – durch täglich etwas Buttermilch, Sauerrahm und Bifidus-Joghurt.

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