Doch können auch andere Gelenke betroffen sein (Arthritis urica). Früher nannte man jede Arthritis „Gicht“: „Krankheit der Wohlhabenden.“ Im Jahre 1797 entdeckte der Arzt und Wissenschaftler der British Royal Academy, Chemiker und Sonnenforscher William Hyde Wollaston in Punktaten aus akut entzündeten Gelenken Harnsäurekristalle (Natriumurat). Doch erkannte er nicht deren Bedeutung. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts begriff man die massive Harnsäurestoffwechselstörung, die dahintersteckt.
Gicht entsteht durch eine gewaltige Überflutung des Stoffwechsels und der Bindegewebe mit Harnsäure, verursacht durch die heute allgemein verbreitete Fehlernährung mit Fleisch und Alkohol. Dabei steigt der Harnsäuregehalt der Gewebe so stark an, bis die Grenze der Löslichkeit überschritten ist und Harnsäure als Natriumurat, als nadelförmige Kristalle, ausfällt. Gicht ist der Ausdruck einer massiven Stoffwechselschuld. Wohl werden genetisch bedingte Schwächen diskutiert, doch sind diese selten und bei gesunder Ernährung ohne Auswirkung. Gicht ist keine Erbkrankheit, sondern eine Zivilisationskrankheit, ein Nährschaden. Heute erkrankt in Deutschland jeder 30. Mann an Gicht, Frauen fünfmal seltener und erst nach der Menopause, da Sexualhormone Schutz bieten. Als „sekundäre Gicht“ bezeichnet man dieselbe Krankheit, wenn vermehrter Zellzerfall zu viel Harnsäure erzeugt, etwa bei Krebs oder starkem Blutzerfall (hämolytische Anämie, Leukämie, Plasmozytom).
Meist behandelt der Arzt den ersten Gichtanfall mit Schmerzmitteln, Prednison und Purin-armer Diät, mit leider geringer Wirkung, denn in über 90% kommt es bald zum Rezidiv und zur chronischen Gicht. Dann zerstören Harnsäurekristalle nach und nach die Gelenke und die Nieren. Beim Rezidiv wird das nicht ungefährliche Medikament Allopurinol gegeben und falls nötig das Herbstzeitlosengift Colchizin und Prednison (Cortison) neben anderen immunsuppressiven Medikamenten. Doch damit wird die Krankheit meist chronisch bis hin zum Nierenversagen und zur Dialyse im schlimmsten Fall.
Die Gicht kommt nicht alleine daher. Bei 70% der Betroffenen ist sie ein Teil des erstmals 1922 vom spanischen Arzt G. Maranon beschrieben matabolischen Syndroms mit Adipositas, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Arteriosklerose und Diabetes mellitus. Jeder 5. Deutsche, Frauen und Männer, leidet an diesem gefährlichen Symptomenkomplex.
Die Harnsäure ist das Abbauprodukt der Nukleinsäuren, das heisst der genetischen Substanz der Zellkerne aus Zellen der Nahrung und aus zerfallenden Zellen des eigenen Körpers. Die anfallenden Nukleinsäuren werden über Xanthin zu Harnsäure abgebaut und über die Nieren ausgeschieden. Carbonsäuren aus Alkohol hemmen die Harnsäureausscheidung. Darum führt jeder Alkoholkonsum zu Harnsäureretention. Heferesten aus Bier belasten zudem den Purin-Stoffwechsel. Diabetes schädigt die Kapillaren der Nieren, so dass die Harnsäure noch schlechter ausgeschieden wird.
Für Gicht stark gefährdende Speisen sind Fisch, Poulet, Leber, Niere, Kalbsbries, Kernfleisch, Fleischbrühe Suppenwürfel und Bäckerhefe.
Eine mittlere Gefährdung bedeuten: Muskelfleisch von Rind, Schwein, Huhn und Wild, Schollenfilet und Bierschinken, gefolgt von Hülsenfrüchten und Erdnüssen.
Milchprodukte belasten den Purin-Stoffwechsel nur wenig. Doch sind sie oft zur Geschmacksverstärkung mit Fruktose angereichert. Fruktose degradiert ATP(Adensointriphosphat) zu AMP (Adenosinmonophosphat) und dieses wird zu Harnsäure abgebaut. Den meisten industriell verkünstelten Nahrungsmitteln, Fruchtsäften und Kola wird Fruktose zugesetzt.
Gicht ist kein Schicksal. Die Therapie der Ursache ist eine vegetabile Ernährung mit hohem Rohkostanteil. Dabei soll man, so bald möglich, täglich 1 Stunde wandern. Damit stellen sich der Harnsäurespiegel weit unter der kritischen Ausfällungsgrenze von 420 µmol /L und der Cholesterinspiegel um 3,5-4,7 mmol/l ein. Zugleich ist dies die einzig wirksame Massnahme zur Vorbeugung der Gicht und die Therapie der Wahl zur Vorbeugung und Therapie des metabolischen Syndroms, der Herz-Kreislaufkrankheiten und des Typ II-Diabetes. Bei Gicht muss die Umstellung auf die vegetabile Frischkost allmählich und unter ärztlicher Kontrolle geschehen, denn die intensiv ausscheidende Wirkung löst viel Harnsäure aus den Geweben, was die Nieren überlasten kann. Soll Gicht heilen, so muss auf Fleisch-, Fisch- und Alkohol verzichtet werden, zu Gunsten einer modernen, gesunden, natürlichen Ernährung. Jede Mahlzeit soll mit Früchten und Nüssen und Kräutertee oder Mineralwasser begonnen werden. Vollwertige Naturerzeugnisse sollen industriell gefertigte Produkte ersetzen. Nach ersten zwei Wochen der Diät muss der Anteil an frischer, lebendiger Pflanzennahrung (Rohkost) auf 2/3 der Gesamtmenge erhöht werden. Jede Mahlzeit muss mit Obst beginnen. Auch soll man regelmässig und viel trinken, um die Nieren zu unterstützen. Auch bei genetischer Veranlagung oder sekundärer Gicht wirkt diese Therapie zuverlässig. So kann diese gefährliche Krankheit zuverlässig verhütet und dauerhaft geheilt werden. Ein Weg, der sich lohnt.
Tipp:
Ist Ihre Harnsäure erhöht (über 5 mg% bzw. 387µmol/l), so essen Sie täglich 10 Früchte, ersetzen Fleisch durch Gemüse, lassen Alkohol weg und wandern jeden Tag eine Stunde. So geniessen Sie neue Lebensfreude.
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