Vom Wunder der Augen

Dr. med. Andres Bircher
Ganz klein schon, während des Stillens spiegelt sich unser Ebenbild im Auge der Mutter, der auf gedeihen und verderben wir ausgeliefert sind.

Durch die Augen dringt ihre Zuneigung in uns ein und erfüllt uns mit einem innigen Gefühl eigenen Wertes, das Sigmund Freund „Es“ nannte. So spricht die antike Mythologie von Narziss, der sich aus Stolz dem Blick und der Liebe der Nymphe Echo entzog, vom Verlust dieser ersten Zuneigung, der den Jüngling Narziss verfolgt, indem sein Ebenbild in jedem Gewässer sich spiegelt, bis, auf sich selbst zurückgeworfen, in eine Narzisse er sich verwandelt. In Hermann Hesses  „Narziss und Goldmund“ lebt Narziss das stets nach geistiger und göttlicher Vollkommenheit strebende Wesen Hesses, während Goldmund in Kunst und Leidenschaft die Gegensätze des Lebens in seinem Mutterbild, seiner Anima erkennt, welche ihm die Leidenschaft des Künstlers verliehen hat.

Geheimnisvoll ist diese Sprache der Augen, tiefsinnig und voller Lebenskraft, umso schmerzlicher ihr Verlust durch Krankheit oder Erblindung. Geheimnisvoll  ist auch die Architektur unserer Augen.  Millionen Sehzellen, sind in unserer Retina vereint und vermitteln alle Farbnuancen und Schattierungen über den Sehnerven zum Sehzentrum im Hinterhaupt, wo das Ebenbild dessen, was wir gerade sehen rekonstruiert und unserem Bewusstsein zugeleitet wird. Jede einzelne dieser Sehzellen ist in das molekulare Netzwerk der Grundsubstanz des zarten Bindegewebes eingebettet, aus welcher sie laufend die Informationen des Lebens und alle notwendigen Nährstoffe erhält. Geheimnisvoll ist auch der Bau des Glaskörpers, welcher unser Auge ausfüllt und dafür sorgt, dass die Netzhaut sich nicht von ihrer Unterlage löst. Ganz fein ist auch die Linse gebaut, glasklar und dehnbar ausgespannt, so dass sie sich krümmen kann, wenn wir in die Nähe sehen wollen. In der Farbenschönheit der Iris spiegelt sich das Somatotop des ganzen Körpers wieder, wo Erkrankungen von Organen Veränderungen hinterlassen. Glasklar ist auch die Hornhaut, sorgsam durch die Grundsubstanz von aussen ernährt und genial die Koordination des Muskelspiels der Augen, das nach allen Seiten uns blicken lässt, ohne die geringsten Verschiebungen und Doppelbilder.

Wer um die Feinheit des Baus des Auges weiss, den wundert nicht, dass das Auge erkranken kann. Degenerative Augenkrankheiten sind wie alle „Zivilisationskrankheiten“ in starker Zunahme begriffen. Heute leidet jeder über fünfzig Jährige an beginnender und jeder 75 jährige an einer störenden Trübung der Linse, dem grauen Star. 500‘000 Menschen werden in Deutschland jährlich staroperiert. Das Glaukom, der grüne Star, ist heute weltweit die häufigste Erblindungsursache. Wo die Linse an der Iris befestigt ist befindet sich der Kammerwinkel, ein feines Netzwerk aus Bindegewebe, wo das Kammerwasser des Auges abfliesst. Durch die allgemein verbreitete Fehlernährung wird dieses Netzwerk zerstört, der Abfluss behindert, so dass ein erhöhter Augendruck entsteht, welcher den Sehnerven schädigt und bei jedem Zehnten zur Erblindung führt.

Eine dritte immer häufiger werdende Erblindung entsteht durch die Degeneration der Makula, der besonders empfindlichen Stelle des Schafsehens. Die Makula enthält keine Gefässe. Ihre Sehzellen werden ausschliesslich über die Grundsubstanz des zarten Bindegewebes ernährt. Darum ist die Makula gegen Stoffwechselbelastungen besonders empfindlich.

Regelmässige Kontrollen beim Augenarzt sind wichtig. Vermeiden Sie Bildschirm und Nachtarbeit. Noch bedeutender aber ist die Pophylaxe und Therapie dieser Augenkrankheiten durch die konsequente Verhütung des metabolischen Syndroms und des Diabetes mellitus durch eine lebendige vegetabile Frischkost. Das Glaukom kann durch eine Heildiät aus vegetabiler Rohkost über mehrere Wochen zuverlässig geheilt werden. Die Makuladegeneration und der graue Star können durch eine vegetabile Vollwertkost bei starker Reduktion aller tierischen Nahrungsmittel und einem vegetabilen Frischkostanteil (Rohkost) von mindestens 70%, unter Verzicht auf alle üblichen Reizmittel wie Kaffee, Zucker, Nikotin, und Alkohol zuverlässig verhütet werden. Ein moderner Weg, der sich lohnt.

Tippkasten für die stillende Mutter: Vermeiden Sie alle äusseren Reize, schliessen Sie sich in ein gemütliches Zimmer ein, wo steht „niemals stören“.  Schalten Sie Telefon und alle Elektronik aus. Nun widmen Sie sich ganz sich selbst und Ihrem Kinde, dessen Augen Sie suchen und lang und innig betrachten möchten.

Handbuch 4 | Ordnungsgesetze